ICH MÖCHTE MICH ENTSCHULDIGEN

Das Bedürfnis, sich anderen mitzuteilen, ist individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt, davon handelte mein letzter Blogartikel. Es gibt Menschen, die ihr inneres und äußeres Erleben möglichst sofort mit einer Person ihres Vertrauens teilen möchten. Ist eine solche gerade nicht greifbar, können notfalls auch Fremde dafür herhalten. Gerade Introvertierte wissen oft „ein Lied davon zu singen“, zum Zielobjekt des Mitteilungsdrangs eines bisher unbekannten Mitmenschen zu werden. Andere dagegen reden nur auf Nachfrage über ihre Wahrnehmung, Gedanken und Gefühle, wenn überhaupt.

Mitteilungsbedürfnis

Mein Mittteilungsbedürfnis ist, je nach Kontext, unterschiedlich ausgeprägt, wahrscheinlich trifft das auf viele Menschen zu. Ich spreche wenig – was wohl auch auf den Mangel an Gelegenheit, respektive sozialen Kontakten zurückzuführen ist, aber nicht nur. Dagegen schreibe ich gerne über meine Erfahrungen. Allerdings liegt mein letzter Blogpost beinahe fünf Monate zurück. Beabsichtigt war die lange Pause nicht. Als ich diesen Blog erstellte, wollte ich regelmäßig einmal im Monat einen Beitrag veröffentlichen. Aber wie so viele Pläne bildet auch dieser nur die Grundlage für Änderungen.

Denn: Zuallererst bin ich Autorin fiktionaler Geschichten, das Bloggen kommt an zweiter Stelle. Dennoch ist es mir wichtig, denn indem ich meine Gedanken aufschreibe und strukturiere, bin ich viel besser imstande sie nachzuvollziehen. Zudem ist es meine Art, mit der Welt in Kontakt zu treten. Mehr dazu in meinem Artikel KOMMUNIKATION AUF DISTANZ, Teil 3/3: Schreiben offline.

In den vergangenen Monaten habe ich fast ausschließlich an meinem neuen Roman sowie einer Kurzgeschichte gearbeitet, die beide in der ersten Jahreshälfte erscheinen werden, sodass das Bloggen auf der Strecke blieb. Dafür möchte ich mich bei dir, liebe Leserin, lieber Leser entschuldigen. Natürlich könnte ich mir einreden, dass es meine Entscheidung ist, wie häufig ich neue Artikel online stelle, und dass es da nichts zu erklären oder zu entschuldigen gibt. Aber ich sehe es so: Indem ich über einen gewissen Zeitrahmen relativ regelmäßig blogge, gebe ich gewissermaßen ein Versprechen ab, dies auch weiterhin zu tun und mich nicht kommentarlos zurückzuziehen. Auch wenn es nur drei oder vier Menschen sind, die auf einen neuen Blogeintrag warten, tut es mir leid, sollte ich diese enttäuscht haben.

Seit Anfang des Jahres drängt es mich, aufzuschlüsseln, warum ich mich so schwertue mit dem regelmäßigen Bloggen. An mangelnden Ideen liegt es nicht, ein Dutzend oder mehr Überschriften warten darauf, als Blogpost in Erscheinung zu treten. Allerdings zwingt mich mein Perfektionismus dazu, jedes Thema möglichst umfassend zu betrachten, was sich auf die Länge der Artikel und entsprechend den Arbeitsaufwand auswirkt. Für die Zukunft habe ich mir vorgenommen, mehr Unvollkommenheit zuzulassen – jeden Aspekt einer komplexen Fragestellung zu berücksichtigen und mit den übrigen ins richtige Verhältnis zu setzen, ist schlicht unmöglich, jedenfalls im Rahmen eines Beitrags, der am Ende auch noch lesbar sein soll.

Monotasking

Aber es gibt noch einen anderen Grund, warum es mir schwerfällt, neben dem kreativen Schreiben zu bloggen. Verantwortlich ist meine fehlende Fähigkeit zum Multitasking (ich weiß, es gibt kein echtes Multitasking, nur das schnelle Springen von Aufgabe zu Aufgabe, aber ich verwende den Begriff dennoch in seiner allgemeinen Bedeutung). Optimale Arbeitsresultate erreiche ich, wenn ich an exakt einer Sache arbeite. Zwar erzielt Monotasking nachweislich bessere Resultate als das Abarbeiten mehrerer Aufgaben parallel (siehe z. B. dieser Artikel), doch ist ein extremer Hang zum Monotasking auch hinderlich. So kann schon das notwendige Aktualisieren meiner Autoren-Webseite den Schaffensfluss empfindlich stören. Die Hürde, mich anderen Aufgaben zu widmen, ist groß, manchmal unüberwindbar. Mitunter fühle ich mich derart zwischen den Vorhaben hin- und hergerissen, dass es mich komplett lähmt und ich gar nichts schaffe. Ich muss immer erst ein Projekt abschließen, bevor ich mich dem nächsten widmen kann, gerade wenn es relativ verwandte Bereiche wie fiktionales Schreiben und Bloggen sind. Im Falle des neuesten Romans hieß das, an nichts anderem zu schreiben als an eben dieser Geschichte.

Weil das auf Dauer dazu führen würde, dass ich nur alle halbe Jahre neue Blogartikel poste, denke ich zurzeit über verschiedene Lösungsansätze nach. Einen bestimmten Wochentag fürs Bloggen zu reservieren, funktioniert nicht, da schließlich auch noch Arzt- und andere Termine sowie familiäre Verpflichtungen anstehen. Der vielversprechendste Ansatz scheint mir der zu sein, nach jeweils einem Arbeitsabschnitt am Roman, d. h. nach dem Plotten, der ersten Hälfte, dem Erstentwurf, der ersten Überarbeitung usw. eine Pause von einem Tag bis maximal einer Woche einzubauen, um Blogartikel zu schreiben und zu posten. Mal sehen, wie die Umsetzung klappt. Meine angepasste Zielsetzung lautet, wenigstens einen Artikel pro Quartal zu veröffentlichen.

Kennst du das Problem, dich nur auf eine Sache konzentrieren zu können? Hinterlasse gerne einen Kommentar!

Ich, Autorin

Da der Hinderungsgrund, weshalb ich selten zum Bloggen komme, das Niederschreiben erdachter Geschichten ist, möchte ich zum Abschluss einen kleinen Einblick in mein Leben als Autorin geben und umreißen, was meinem nicht neurotypischen Hirn so entspringt. Wenn du mit fiktionalen Geschichten nichts am Hut hast, kannst du dir das Weiterlesen also sparen.

Das Geheimnisvolle und Unheimliche zieht mich seit jeher an. Fasziniert von Sagen, Märchen und Abenteuerbüchern entdeckte ich früh die Horrorliteratur für mich. Mit zehn oder elf Jahren fand ich im Bücherregal meiner Eltern die Storysammlung Im Reich des Grauens, die den Grundstein einer bis heute anhaltenden Leidenschaft bildete. In der Dunklen Phantastik, auch übernatürlicher Horror oder Weird Fiction genannt, fand ich mein literarisches Zuhause, insbesondere in den Werken aus der Zeit um 1900 mit ihrem bekanntesten, von der Popkultur auf teils peinliche Weise vereinnahmten Vertreter Howard Phillips Lovecraft.

Seit 2015 schreibe ich eigene Geschichten, in denen das Seltsame und Unheimliche mal deutlich, mal eher unterschwellig zutage tritt. Die Protagonisten vieler meiner Kurzgeschichten sind Außenseiter, deren Denken und Fühlen von dem der Masse abweicht. Ungewöhnliche Charaktere ziehen mich an, mit „Menschen wie dir und mir“ vermag ich mich nicht zu identifizieren. Meine Absicht ist es, Träume, Wahnvorstellungen und Unerklärliches zu verschmelzen mit dem Ziel, die Grenzen der Wirklichkeit ein Stück weit aufzulösen.

Mein aktueller Roman Hochmoor erscheint im Frühjahr 2024 im BLITZ-Verlag in der Reihe „H. P. Lovecrafts Schriften des Grauens“ und kann bereits jetzt beim Verlag vorbestellt werden. Auch eine Leseprobe ist dort einzusehen.

Inhalt:
In einem von der Welt abgeschiedenen Tal im Oberharz finden zwei Außenseiter unverhofft ein Zuhause.
Seltsame Bräuche prägen das Zusammenleben der Einwohner. Über dichten Wäldern, nebelverhangenen Mooren und einem Berg, der von Tunneln durchzogen ist, liegt ein Geheimnis, von dem nur die Alteingesessenen mit ihren merkwürdigen Gesichtern wissen. Ein Geheimnis, das sich den beiden Neuankömmlingen erst erschließt, als es für eine Flucht zu spät ist.

Die Protagonisten sind keine Durchschnittscharaktere, sondern jeder auf seine Art speziell, wobei die Hauptfigur mit mindestens einem Fuß im autistischen Spektrum steht.

In der oben erwähnten Kurzgeschichte, die in Zwielicht, dem deutschen Horrormagazin, Band 20 veröffentlicht werden wird, ist das Thema u. a. die Zeit bzw. der Mangel daran. Viele von uns wünschen sich ab und zu, der Tag hätte nicht bloß 24 Stunden – was, wenn dieser Wunsch Realität würde?

Mehr zu mir und meinen Werken auf meiner Website.

Foto von Andraz Lazic auf Unsplash

2 Kommentare zu „ICH MÖCHTE MICH ENTSCHULDIGEN“

  1. Hey, ich würde „das Problem“ anders gerne beschreiben aus meiner Erfahrung und wie ich es interpretiere.
    Da ich vor lesen des Artikels es nicht als Problem wahrnahm sondern eher „ich brauche den Raum“. Da unsere Wahrnehmung sehr facettenreich ist ist es vl nötig auch ganz in diesen Raum einzutreten um alle Aspekte auch befriedigend für „uns“ integrieren zu können.
    Ich kann durchaus draussen unterwegs sein und zeitgleich geistig tätig sein. Was ja eigentlich bedeutet das es geht sich auf zwei Sachen konzentrieren zu können und ich es vor lesen Deines Artikels als Gabe betrachtet habe sich auf mehrere Sachen konzentrieren zu können 😉
    Möchte ich jedoch an etwas arbeiten dann hatte ich das Gefühl dass ich dafür dann auch den Raum ohne Störungen BRAUCHE.
    Ich war auch mal an meiner Webseite dran und bat einen Freund für mich das Design zu machen damit ich mich ausschliesslich auf das Schreiben konzentrieren kann und ich mir gar nicht den Raum nehmen möchte für den Rest. Mir wurde das verweigert mit der Begründung dass ich dass alles alleine machen, lernen soll.
    Im Wunschland wünsche ich mir, dass ich mich nur auf meinen Bereich konzentrieren kann und Menschen die zum Bsp Design als Leidenschaft haben dann diesen Bereich übernehmen würden.
    Wenn ich im Schreiben bin und mein Kind vorbei kommt um mich was zu fragen komme ich auch zu dem Punkt „Problem sich nur auf eine Sache konzentrieren zu können“. Es fällt mir dann sehr schwer zu wechseln und ich leide auch darunter tatsächlich. So doll dass ich dann sage ok dann muss ich warten mit dem Schreiben bis mein Kind ausgezogen ist.

    Mir ist total bewusst dass ich ungestört sein muss um meine Arbeit zu tun in allen Bereichen auch dem „Flow“. Weil ich dann halt auch zu 100 Prozent in diesen eintauche und Störungen dazu führen dass es nicht gelingt.

    Ich glaube „Prozessorientiertes Arbeiten“ könnte eine gute Hilfe für uns sein. Dann wäre Dein Prozess halt Roman zu schreiben und in dieser Zeit nicht zu bloggen 🙂

    Ich denke dadurch dass wir so viel wahrnehmen müssen wir uns fokussieren und können nur eine Sache tun um richtig gut darin zu sein. Es wäre quasi die bewusste Entscheidung des Fokus und dem Wunsch darin auch ungestört sein zu können, da es ansonsten den Prozess oder die Konzentration wirklich stört.

    Jedoch kommt auch die Frage auf wer denn sich auf mehrere Sachen konzentrieren kann wenn nicht wir? Wir sind doch automatisch auf vieles konzentriert. In einem Gespräch hören wir ja auch die Umgebung und wenn plötzlich 2 Menschen zeitgleich sprechen dann dreht mein Gehirn durch und ich kann keinen hören. Ist das nicht eher normal? Also wer kann zwei Leuten zuhören auf einmal? Wenn das eine Challenge wäre dann könnten wir das vl sogar besser.

    Beim Autofahren habe ich zum Bsp das Gefühl dass ich sehr gut fahren kann, weil ich soviel wahrnehme und dementsprechend automatisch auf viele Aspekte konzentriert bin von meinem Wesen her.

    Von meiner Erfahrung kann ich berichten dass ich auch Themenmässig gearbeitet hatte, jedoch dann oft neue Themen dazukamen die ich dann aufgriff und es mir zu mühselig erschien das vorangegangen bis ins Detail zu beenden (jedoch war der Grund dann meistens dass es nichts nützt in die Details zu gehen und ich schon alles gesagt habe was mir wichtig erscheint) und die mühselige Restarbeit ich eigentlich dann auch jemand anderem übergeben müsste weil mir dann die Leidenschaft dazu fehlt.

    Spannend wie Du Dich erforschst und ein System für Dich zu finden regelmässig zu bloggen. Ich arbeite im Moment nicht mehr weil ich mich noch erforschen muss in meiner Schreibweise die anscheinend noch zu hart ist. Plus wie ich eine Stabilität erschaffe für Pausen und Erholung. Weil ich weiss wenn ich drin bin dann bin ich drin und es fällt mir schwer dies für Pausen zu unterbrechen. Eine Idee von mir ist das an Uhrzeiten auszurichten. (Also auch ähnlich wie Du es probierst auf eine Zeit auszurichten) Also dass ich jetzt übe den Ablauf der dann sitzt wenn ich loslege. Und das ist echt nicht leicht.

    Aber auch das ich mich dann nicht ablenken lasse zum Bsp von einem Anruf und einer Einladung wo ich dann denke dass ich das annehmen muss und dadurch jedoch aber auch den Fokus verlieren kann. Je nachdem wie stabil ich bin. Kann ja auch zum Prozess dann gehören. Das muss ich noch unterscheiden lernen weil es auch sein kann dass ich nicht wegen mir dann zu der Einladung gehe sondern weil sich das der einladende wünscht und ich das noch nicht klar abgrenzen kann.

    Das würde passen zu den Lesern die sich einen Blog wünschen 😉

    Liebe Grüße

    Kann also auch noch nicht berichten ob das klappt.

    1. Liebe Susanne,

      ich danke dir, dass du von deinen Erfahrungen berichtest. Das eröffnet noch einmal einen anderen Blickwinkel auf das „Problem“ – oder, wie du schreibst, die „Gabe“ – mit mehreren Dingen gleichzeitig beschäftigt zu sein. Ich denke, das kann funktionieren, wenn eine der Tätigkeiten automatisiert abläuft, wie z. B. spazieren gehen oder Auto fahren, sofern man ausreichend Routine besitzt und die Strecke bekannt ist. Letzteres vermute ich lediglich, da ich selbst kein Auto fahre, weil es mich überfordert. Den Führerschein habe ich gerade so beim 3. Anlauf geschafft (praktisch, die Theorie war kein Problem), danach hatte ich bei fast jedem Fahrversuch einen Beinahe-Unfall oder übersah rote Ampeln, weil es zu viele Eindrücke zugleich waren und ich nicht die Wesentlichen herausfiltern konnte. Dazu Lenken, Schalten, Bremsen, Gas geben … Horror für mich. Irgendwann habe ich es aufgegeben, weil ich keine Gefahr für mich selbst und andere mehr darstellen wollte.
      Was du in punkto Gesprächssituation mit mehreren Personen schilderst, kenne ich auch, ich höre dann zwar alles, aber in meinem Hirn kommt nur Kauderwelsch an. Wie du denke ich, dass man nicht wirklich zwei Leuten gleichzeitig zuhören kann, zumindest ist die Aufmerksamkeit dann sehr gespalten. Aber viele Menschen haben offensichtlich keine Schwierigkeiten, sich in vollen Restaurants mit anderen zu unterhalten, und nehmen die Geräuschkulisse nur als „Hintergrundrauschen“ wahr, ohne dass es ihre Aufmerksamkeit auf das gerade ablaufende Gespräch schmälert. Daher denke ich, als Autist mit Reizfilterschwäche und/oder Hyperakusis ist man da eher im Nachteil. Zumindest empfinde ich es so, daher meide ich solche Anlässe weitgehend.
      Danke für deine Anregung bezüglich prozessorientiertem Arbeiten! Ich vermute, ich praktiziere das zumindest teilweise bereits, werde mich aber in die Materie einlesen, bestimmt lässt sich mein (noch nicht sonderlich durchdachtes) System verbessern.
      Interessant auch, was du über die Themen schreibst, zu denen sich immer weitere Details „gesellen“, sodass es irgendwann mühselig wird. Bei mir ist es so, dass ich am liebsten alles berücksichtigen, es mir aber „über den Kopf wächst“ und zudem, wie bei dir, neue Themen warten.
      Ja, vieles würde ich auch gern delegieren, aber leider habe ich diese Option nicht. Es kostet sehr viel Zeit und Energie, sich mit Dingen zu beschäftigen, die man nur erledigt, um die zu ermöglichen, die man eigentlich machen möchte.
      Ich drücke dir die Daumen, dass du dich besser abgrenzen kannst gegenüber Forderungen von außen bzw. besser erkennen kannst, wann du dich wirklich ablenken lassen möchtest und wann es jemand anderem zuliebe ist. Was natürlich auch mal in Ordnung sein kann, sofern man sich bewusst ist, dass man zu einer Feier o. Ä. zusagt, um dem anderen eine Freude zu machen.

      „Das würde passen zu den Lesern die sich einen Blog wünschen „: Danke für diesen Satz. Darüber werde ich nachdenken.

      Liebe Grüße
      Julia

      PS
      Zu deinem Kommentar zum Interview melde ich mich so rasch wie möglich.

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