(KEIN) MITTEILUNGSBEDÜRFNIS

Neulich überlegte ich, wann ich zum letzten Mal auf Facebook war, rund eine Woche ist es mindestens her. Und auch da bestand meine einzige Aktivität darin, nachzusehen, ob mir jemand über den Messenger eine Nachricht gesendet hat (was nicht der Fall war), weil mich manche Menschen statt über E-Mail auf diese Weise kontaktieren und es ab und zu auch wichtig ist. Der Vollständigkeit halber sollte ich erwähnen, dass Facebook der einzige Social-Media-Channel ist, den ich nutze.

Damit unterscheide ich mich erheblich von der Mehrheit der Menschen, die täglich mit großer Ausdauer und Hingabe ihre Timeline auf Facebook, Instagram oder Was-auch-Immer checken. Sehe ich, wie viel manche meiner Facebook-Freunde täglich posten und kommentieren, bleibt mir glatt die Spucke weg. Es hat den Anschein, sie wären permanent online. Trotzdem haben viele von ihnen Arbeit und Familie, Hobbys. Es ist mir ein Rätsel, wie sie das alles schaffen.

Dass seit meinem letzten Blogbeitrag rund drei Monate vergangen sind, hat übrigens nichts mit mangelndem Mitteilungsdrang zu tun. Ich habe diesen Blog sträflich vernachlässigt, weil ich endlich die Überarbeitung meines neuen Romans fertigstellen wollte. Mittlerweile ist der erste Durchlauf geschafft, und ich sitze am zweiten. Wen es interessiert: Die Geschichte ist im lovecraftschen Kosmos angesiedelt, Cosmic Horror also, die Hauptfigur ist Asperger-Autist.

Digital-Detox ist heute in aller Munde. Ein sinnvoller Trend, denn sobald ich das Haus verlasse, sehe ich Menschen auf ihre Smartphones starren, und ein Großteil davon befindet sich garantiert in Social-Media-Trance. Einen Diagnoseschlüssel nach ICD-10 gibt es für die exzessive Mediennutzung zwar (noch) nicht, aber immerhin existiert schon ein Fachbegriff für die Handyabhängigkeit: Nomophobie, die Angst, den Zugang zum Internet zu verlieren. Die Gründe für die Suchtwirkung von Social Media, Onlinespielen etc. sollen aber nicht Gegenstand dieses Beitrags sein, dazu gibt es bereits jede Menge Artikel, inklusive Tests, ob man betroffen ist. Ich möchte vielmehr der Frage auf den Grund gehen, warum ich – und vielleicht auch du, die oder der du das hier liest – nicht das Bedürfnis haben, sich überall und ständig mitzuteilen. Nicht nur, was die (a-)sozialen Medien betrifft, sondern ganz allgemein.

Kommunikation ist ein Grundbedürfnis …

Selbstverständlich ist nicht jeder, der Social Media nutzt, gleich abhängig. Sich mitzuteilen, ist ein soziales Grundbedürfnis des Menschen. Sehen und gesehen werden eben. Die meisten Menschen kommunizieren gerne und viel, von einer Minderheit stark introvertierter Sonderlinge einmal abgesehen (Ironie). Geschwatzt wird bei zufälligen und geplanten Treffen, auf der Arbeit, am Telefon und eben auf Social Media. Fast ohne Pause wird gepostet, kommentiert, geliked und die Timeline rauf- und runtergescrollt, dass einem schon beim flüchtigen Hinsehen schwindlig wird von all den Fotos, bonbonbunten Hintergründen, Memes und Smileys.

Gleichzeitig fühlt sich eine steigende Anzahl von Menschen von der andauernden Nachrichtenflut überfordert und gestresst. Trotzdem meinen viele, sie müssten jede Nachricht auf dem Messenger sofort abrufen (und beantworten). Man will ja „auf dem Laufenden“ bleiben. Zusammen mit der in manchen Berufen vorausgesetzten Dauererreichbarkeit entsteht so ein Umfeld, das kein Zur-Ruhe-Kommen zulässt. Einen Schritt zurückzugehen und auf Nachrichten und (a-)soziale Medien weitgehend zu verzichten, ist für die Meisten dennoch undenkbar. Das führt zu dem Paradoxon, dass sich Menschen beklagen, sie hätten zu wenig Zeit für die „wichtigen Dinge im Leben“ – und gleichzeitig wühlen sie sich täglich durch oft mehrere Social-Media-Kanäle oder schalten zu Hause als Erstes den Fernseher ein, nicht selten auch beides gleichzeitig. Nur nichts verpassen. Nur keine Gelegenheit auslassen, die eigene Meinung kundzutun.

… das nicht bei allen Menschen gleich ausgeprägt ist.

Mein Bedürfnis nach Kommunikation ist eher minimalistisch. Reden um des Redens willen ist nicht mein Ding, ich teile nur das mit, von dem ich denke, dass es in irgendeiner Form relevant sein könnte. Insgesamt sind meine sozialen Bedürfnisse wenig ausgeprägt. Ich besitze keinen ausgeprägten Gemeinschaftssinn, der wiederum ein Grund für den Wunsch sein kann, gehört und gesehen zu werden. Sich emotional zugehörig und als Teil einer Gruppe zu fühlen, kenne ich weder aus der Schule noch von der Arbeit oder der Uni. Innere Verbundenheit empfinde ich nur zu meiner Kernfamilie sowie wenigen, für mich sehr besonderen Menschen. Je größer eine Gruppe ist, desto schwerer fällt es, mich als dazugehörend zu begreifen, da ich mir jederzeit der Unterschiede bewusst bin, die meist viel zahlreicher sind als einzelne, äußeren Umständen geschuldete Gemeinsamkeiten. Entsprechend schaffe ich es nur sehr bedingt, mich als Teil aller Autorinnen oder Blogger, aller Autisten, aller Introvertierten oder Hochsensiblen zu fühlen. Noch schwieriger wird es, wenn es um Altersklassen oder das Geschlecht geht. Warum sollte ich mich mit allen Frauen verbunden fühlen, bloß weil ich selbst eine bin? Frauen untereinander sind im Durchschnitt ebenso unterschiedlich wie Männer und Frauen in der Gegenüberstellung. Dies ist auch einer der 4 GRÜNDE, WARUM ICH NICHT GENDERE. Ich fühle mich als Mensch, aber längst nicht mit allen Menschen verbunden. Der gemeinsame Nenner „Mensch“ ist so groß, dass er kaum noch Relevanz besitzt.

Ich weiß nicht, ob mein Mangel an spontanem Mitteilungsbedürfnis am Autismus liegt, der Introversion oder der Hochsensibilität. Ich denke alles spielt mit hinein. Vielleicht ist er aber auch lediglich eine ganz persönliche Eigenart.

Dass ich überhaupt kein Bedürfnis hätte, mich mitzuteilen, ist jedoch ein Trugschluss. Sonst gäbe es nicht diesen Blog. Sonst würde ich keine Romane und Kurzgeschichten schreiben. Nur weicht mein Mitteilungsdrang eben von der Masse ab. Auch im Privaten habe ich selten das Bedürfnis, über den Tag zu reden – es sei denn, es besteht eine Notwendigkeit, weil Dinge geplant oder geklärt werden müssen. Ich bin wie das Kind, das „wie immer“ sagt, wenn es gefragt wird, wie es in der Schule war. Daran hat sich seit meiner eigenen Kindheit nichts geändert, abgesehen davon, dass ich nicht mehr zur Schule gehe. Die allübliche Floskel „Wie war dein Tag?“ brauche ich nicht. Wenn es etwas Wichtiges gibt, werde ich das zu gegebener Zeit von mir aus berichten. Umgekehrt frage ich solche Dinge nur, wenn es mich 1. wirklich interessiert, ich 2. in diesem Moment auch aufnahmefähig bin oder 3. mir dieser Mensch wichtig genug ist, zu wissen, dass ihm oder ihr diese Frage wichtig ist als Zeichen meines Interesses.

Zurück zu Social Media. Ich muss nicht zu allem und jedem meinen „Senf“ hinzugeben, andere mit privaten Fotos beglücken, einen schönen Tag wünschen oder mich über irgendwas aufregen. Meinen Geburtstag habe ich entfernt, weil ich das Hin- und Hergratuliere nervig und sinnlos finde. Wenn ich trotzdem mal jemandem gratuliere, dann, weil ich zu ihm oder ihr eine freundschaftliche Beziehung aufgebaut habe. (Solltest du zu diesen mir wichtigen Kontakten gehören und dich nun fragen, warum ich dir nicht gratuliert habe: Es ist reiner Zufall, ob ich an deinem Geburtstag gerade auf Facebook bin oder nicht.)

Ich mag Tiefe, kein Oberflächengefunkel, Qualität statt Quantität. Ich bin mir sicher, anderen geht es ähnlich – nur trifft man diese Menschen selten in den (a-)sozialen Medien. Und wenn doch, gehen ihre Posts allzu oft unter in der Flut nervtötender Irrelevanz. Einige haben Blogs, und ich lese mit Vergnügen und Interesse, welche Gedanken sie dort teilen. Kein Blabla, sondern Tiefgründiges, differenzierte Sichtweisen. Menschen, die über tagespolitische Schlagworte und Dogmen hinausblicken, die Kausalität nicht mit Korrelation verwechseln, die willens und imstande sind, eigenständig und unabhängig zu denken (natürlich sind wir immer abhängig von unseren Prägungen, sodass es keine absolute Unabhängigkeit gibt).

Das tieferliegende Problem

Nicht erst seit der Pandemie triggern mich Nachrichtensendungen. Das liegt nicht allein an den überwiegend negativen Inhalten, sondern zu einem nicht unerheblichen Teil an der Art der Präsentation. Mich stört der emotionalisierte, vereinfachende und oft tendenziöse Duktus, mit dem Themen angegangen werden, im Gegensatz zu einer möglichst objektiven Darstellung und sorgfältigen Gegenüberstellung von Fakten, so wie ich sie bevorzuge. In Hinblick auf manche Geschehnisse mag eine gewisse Tendenz berechtigt sein, aber mittlerweile fehlt es im Umgang mit so ziemlich jedem Thema an der Bereitschaft, alle Seiten zu sehen und anzuhören. Gerade die Pandemie hat gezeigt, dass es die eine Wahrheit nicht gibt. Wissenschaftliche Erkenntnisse sind Veränderungen unterworfen, Studienergebnisse sind mitnichten in Stein gemeißelte Wahrheiten, sondern abhängig von Interpretation und Setting. Vieles erschließt sich erst im größeren Kontext. Diese Sachlichkeit fehlt in sehr vielen Argumentationen, stattdessen herrscht Panikmache auf der einen, Realitätsverweigerung auf der anderen Seite. Schwarz-Weiß-Denken wird immer mehr zum Standard, Empörungskultur verdrängt auch in seriösen Formaten sachlichen Diskurs. Die zunehmende Spaltung der Gesellschaft ist zum Teil das Resultat daraus.

Bei Facebook reichte oft ein kurzes Hineinsehen, um mich unangenehm zu berühren und zu belasten. Ein paar Freunde musste ich blockieren, weil sie immer wieder extreme Trigger veröffentlichten, z. B. Berichte von Tiermisshandlungen. Derlei Beiträge, manchmal noch mit Bildern, schüren Empörung und Entsetzen, ohne etwas zu verändern. Hochsensible Menschen wie ich leiden oft monatelang unter dem Eindruck eines einzigen Postings. Tatsächlich habe ich ein solches in meinem Roman Glutsommer verarbeitet, da mir die Bilder, obwohl es ein reiner Textbeitrag war, nicht mehr aus dem Kopf gingen. Falls jemand nun meint, ich würde damit „ins selbe Horn tuten“ – dem ist nicht so. Der Roman hat den destruktiven Umgang der Menschheit mit der Natur zum Thema. Dazu gehört auch die Art, wie mit Tieren umgegangen wird aus der vermeintlich überlegenen Position des Menschen als „Krone der Schöpfung“ heraus. Die fragliche Szene steht damit im Dienst der Geschichte. Mir war beim Schreiben bewusst, dass sie, obwohl nicht ins Detail gehend, Leser erschrecken oder sogar vergraulen könnte, ein Risiko, das ich bewusst eingegangen bin.

Als Autor muss man für eine gewisse Sichtbarkeit sorgen, um wahrgenommen zu werden. Diese Denkweise setzte mich stark unter Druck und tut es manchmal auch heute noch. Wieder mal zwei Wochen nichts gepostet? Während andere dreimal am Tag liefern? Oje, niemand wird von deinem neuen Buch wissen, du musst unbedingt Werbung machen, dich und dein Werk präsentieren. Aber stärkt die häufige Anwesenheit auf Social Media wirklich die Sichtbarkeit und pusht in nennenswertem Maße die Verkaufszahlen? Ich habe meine Zweifel. Inzwischen finde ich es effektiver und nachhaltiger, potenzielle Leserinnen und Leser durch meine Autorenseite und meinen Blog auf meine Bücher aufmerksam zu machen. Aber das ist ein anderes Thema.

Mich mitzuteilen, ist immer auch mit Anspannung verbunden.

Ich neige zum Perfektionismus. Außerdem leide ich unter der Angst, falsch verstanden zu werden. Die ist durchaus berechtigt. Ein paarmal zu oft in meinem Leben wurden meine Worte anders aufgefasst, als sie gemeint waren, und ich habe mir damit Schwierigkeiten eingehandelt und Sympathien verspielt. Im Gespräch von Angesicht zu Angesicht gelingt es mir häufig nicht, gute, eindeutige Formulierungen zu finden. Die vielen Eindrücke, die ich von meinem Gesprächspartner mitbekomme sowie das Masking, das ich mir nur schwer abgewöhnen kann (mitunter aber auch bewusst einsetze), fressen derart viel geistige Kapazitäten, dass ich schon froh bin, wenn ich mich einigermaßen verständlich mitteilen kann. Je mehr Personen beteiligt sind, desto schwieriger wird es. Im schriftlichen Austausch bin ich umso mehr darauf bedacht, möglichst unmissverständlich zu formulieren. Das kostet Zeit. Zusätzlich zehrt die Angst, mal wieder ein virtuelles Fettnäpfchen zu erwischen, an meinen ohnehin eher dürftigen Energiereserven, denn nach wie vor befinde ich mich im Autistischen Burn-out).

Irgendwann wurde mir klar, dass ich die Maxime, die ich in vielen Bereichen meines Lebens anwende, auch auf meine Mediennutzung übertragen muss. Wenn dich etwas nervt, das in deiner Macht steht zu ändern, dann ändere es. Darüber zu jammern bringt dich nicht weiter. Heißt in diesem Fall: Begrenze deinen Konsum auf ein für dich gesundes Level. Das kann eine halbe Stunde am Tag sein, zehn Minuten alle zwei Tage oder einmal die Woche eine Stunde. Möglicherweise auch ein Komplettverzicht. Falls dich nämlich schon das kürzeste Eintauchen in den Sumpf aus Katastrophenmeldungen, Werbung, Negativismus und Selbstdarstellung auf die eine oder andere Weise triggert, dann lautet die Konsequenz, dem ganzen Zirkus fernzubleiben, zumindest für eine Weile.

Seit ich das so handhabe, geht es mir deutlich besser. Der Fernseher wird nur noch für interessante Dokus oder ab und zu ausgewählte Filme oder Serien eingeschaltet. Bei Facebook lasse ich mich nur sporadisch blicken. Das bedeutet nicht, dass mir meine Facebook-Freunde egal wären. Im Gegenteil, einige von ihnen zählen zu meinen an einer Hand abzuzählenden freundschaftlichen Kontakten und ich möchte sie nicht missen. Dennoch muss ich nicht jeden Post von ihnen sehen und darauf reagieren. Eine Zeitlang habe ich das tatsächlich als moralische Verpflichtung angesehen, was in mir ziemlichen Stress erzeugt hat. Und natürlich kann es sein, dass ich auf diese Weise den einen oder anderen guten Beitrag verpasse. Das ist dann eben so. Es ist mir zu mühsam, zeitaufwendig und nervenzehrend, mir aus der Masse des (für mich) Belanglosen oder Triggernden die „Perlen“ herauszupicken. Eher suche ich hin und wieder gezielt Profile aus, von denen ich weiß, dass mir die Beiträge dort gut tun oder zumindest nicht schaden.

Wenn du ebenfalls der (a-)sozialen Medien und schlechten Nachrichten nicht nur überdrüssig bist, sondern festgestellt hast, dass deine seelische Gesundheit dadurch Schaden nimmt, lautet meine Empfehlung: Lass es sein! Konzentriere dich auf dein Leben und die Missstände, die du ändern kannst. Das können eine Spende an einen Tierschutzverein, Müllsammeln oder ein Ehrenamt sein oder auch kleine, alltägliche Verhaltensweisen wie ein freundlicher und respektvoller Umgang mit anderen. Das Weltgeschehen, gut oder schlecht, entzieht sich deinem Einfluss. Es ist sinnlos, sich davon das eigene Leben vergiften zu lassen. Sollen andere ruhig einwenden, man müsse sich doch informieren. Du musst gar nichts. Informiere dich zu den Themen, die für dich von Interesse sind. Die tägliche Dosis Mediengift mag für Normalsensible harmlos sein, aber Hochsensible und Menschen, die insgesamt zum Grübeln neigen, laufen Gefahr, schleichend daran zugrunde zu gehen. Keine Nachrichten zu sehen ist nicht gleichbedeutend mit Resignation, weil ja „eh alles zu spät ist“. Es ist praktizierte Psychohygiene. Wir bekommen (leider) trotzdem noch genug mit, was uns um den Schlaf bringt.

Mehr echtes Miteinander, ob online oder direkt, weniger Empörungskultur. Mehr echte Diskussion mit Akzeptanz des jeweils anderen Standpunkts. Weniger Selbstdarstellung, mehr Verständnis. So können wir im Kleinen dazu beitragen, dass die Welt ein Stückchen besser wird.

Bild von CDD20 auf Pixabay (bearbeitet)

2 Kommentare zu „(KEIN) MITTEILUNGSBEDÜRFNIS“

  1. Dieses Post spricht voll aus meinem Herzen! Mir geht es im Prinzip genau so, vielleicht etwas weniger extrem. Ich habe zwar ein Kommunikationsbedürfnis, aber es geht dabei eben um Gedanken, die mich umtreiben, und eher weniger um Smalltalk. Ich nutze mein Facebook-Konto nur wenig und habe die passenden Gruppen auch noch nicht so recht gefunden – wenn es die denn überhaupt gibt. Ich bevorzuge eigenständige Web-Foren, doch habe ich zu einigen Themen, die mich interessieren, noch keine guten Foren gefunden. Gute Facebook-Gruppen scheint es aber auch nicht zu geben: in den Gruppen zum Thema Nachhaltigkeit, das mir besonders wichtig ist, läuft fast nur Werbung für irgendwelche Bioprodukte, und was ein anderes Steckenpferd von mir – indoeuropäische historische Sprachforschung – betrifft, so gibt es zwar ein paar Facebook-Gruppen, die aber entweder von Nazis (Stichwort: „Arische Rasse“), Hindu-Nationalisten oder einer Mischung aus beiden dominiert werden. Mit solchen Leuten habe ich natürlich nicht den geringsten Gesprächsbedarf! Überhaupt ist Facebook als Forenplattform kaum zu gebrauchen – dazu ist es auch eigentlich nicht da, also sollte ich mich nicht beschweren, wenn etwas nicht funktioniert, wenn man es zu etwas benutzt, wofür es nicht gemacht ist. Aber wie sagt der Chefingenieur im Film „Apollo 13“: „Ich will nicht wissen, wozu es gemacht ist, ich will wissen, was es kann!“

    1. Hallo Jörg,
      vielen Dank für den Einblick, wie es dir in puncto Mitteilungsbedürfnis geht.
      Exakt, es sind die Gedanken, die einen umtreiben, mitunter über Wochen, Monate, Jahre, über die man sich austauschen möchte. Eben weil sie einem nicht aus dem Kopf gehen oder weil man sie selbst als wichtig empfindet. Oder auch nur interessant, anregend etc. Durch den Verzicht auf Smalltalk fehlt aber sozusagen das „soziale Schmiermittel“. Ein Grund, warum viele sehr introvertierte und erst recht autistische Menschen leicht arrogant oder schüchtern auf andere wirken. Ein Stück weit kann man Smalltalk lernen. Es ist immer eine Frage der Kosten-Nutzen-Abrechnung. Ich kann das bis heute nicht sehr gut, und wenn ich es doch mal versuche, merke ich, wie sich mein innerer Akku dabei rasant entleert.
      Ja, als Forum ist Facebook denkbar ungeeignet. Die Gruppen dort, die in etwa diese Funktion haben, kreisen meist endlos um sich selbst. Im Autorenbereich ist ebenfalls jeder zweite Post (Eigen-)Werbung. Dann lieber „richtige“ Internetforen. Es heißt zwar immer, Social Media hätte Onlineforen abgelöst, aber gerade in speziellen Themenbereichen stimmt das nicht. Der Austausch dort ist i. d. R. deutlich gehaltvoller als auf Facebook und Konsorten. Auch verschwinden die Beiträge nicht binnen Kurzem im bodenlosen Loch einer Timeline, sondern sind immer wieder abrufbar (sofern nicht das ganze Forum den Bach runtergeht, auch schon gehabt), das ist m. E. ein ganz wichtiger Aspekt.
      Was du allerdings von den Foren, die thematisch für dich interessant sind, schreibst, ist in der Tat abschreckend. Schade, gerade im Bereich Nachhaltigkeit hätte ich gedacht, dass es da mehr mit Substanz gibt. Umso wichtiger sind Blogs wie deiner, wo ja auch die Möglichkeit besteht, sich über die Kommentarfunktion ein Stück weit auszutauschen.
      Der Spruch aus dem Film ist gut! Enthält viel „Übertragungspotenzial“.
      Liebe Grüße
      Julia

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