Mikrofon

RADIO-INTERVIEW MIT JULIA JORGES

Gabi Hafner vom Podcast „Einfach leben“ hat ein Interview mit mir geführt. Wir sprechen über die Schwierigkeiten, denen sich insbesondere spätdiagnostizierte Frauen gegenübersehen, über die Herausforderung, überhaupt aus dem Haus zu gehen, die Belastungen als autistische Mutter im Alltag, die „Löffel-Theorie“ und wie sich die Autismus-Störung bei mir persönlich auswirkt.

Der Podcast „Einfach leben!“ liefert interessante Beiträge zu sehr unterschiedlichen Themenfeldern. Ausgestrahlt wird er vom Münchener Kirchenradio, kommt aber (in den bisher von mir gehörten Folgen) ohne religiöse Bezüge aus.

https://www.muenchner-kirchenradio.de/sendungen/einfach-leben-1/ (externe Inhalte laden)

Auf YouTube: https://www.youtube.com/watch?v=xp0HA9lz3Rw

Wie kam es zu dem Interview?

Anfang März erhielt ich eine Anfrage per E-Mail, in der Frau Hafner mich fragte, ob ich mit einem Interview zum Thema autistische Frauen einverstanden sei. Darüber freute ich mich einerseits, andererseits war ich unsicher, ob ich die dazu nötige Kompetenz besitze. Zudem war mir klar, dass ein solches Gespräch, das via Zoom stattfinden sollte, für mich jede Menge Stress bedeuten würde. In meinem Beitrag KOMMUNIKATION AUF DISTANZ, Teil 1/3: Telefon & Skype schildere ich, warum mir Videocalls Probleme bereiten. Ich dachte daran, dass ich momentan wenig Zeit hätte, weil ich mit dem Handlungsabriss meines neuen Romans hinterherhinkte, dass ich unbedingt meine diesjährigen Lesungen vorbereiten müsste, die Überarbeitungen für die geplante Neuauflage meines Kurzgeschichtenbands sich auch nicht von allein schrieben. Außerdem standen in den nächsten Wochen viele Termine an, entweder meine oder die der Kinder, Ostern rückte näher, und überhaupt war ich schon wieder überarbeitet und im Stress, weil zu viele Aufgaben parallel erledigt werden mussten.

Irgendwann ging mir auf, dass das alles Ausreden waren, um guten Gewissens absagen zu können. Manche Punkte auf der Liste ließen sich problemlos nach hinten verschieben, andere waren, bei ehrlicher Betrachtung, gar nicht so zeit- und energieintensiv, wenn ich vorher alles gut durchplante. Was ich sowieso immer mache. Deshalb „fasste ich mir ein Herz“ (keine Ahnung, wo es hin ist, ich muss es irgendwo verloren haben) und sagte zu, unter der Voraussetzung, dass ich vorab die Fragen und ausreichend Zeit bekomme, um meine Antworten zu durchdenken und aufzuschreiben. Denn natürlich kann ich nicht frei antworten, da ich mit der Spontaneität so meine Probleme habe. Das Gestammel, das dabei herauskäme, wäre auch niemandem zuzumuten. Da ich ab und zu Lesungen halte, gelingt es mir zum Glück recht gut, so zu klingen, als ob ich frei spräche, obwohl ich ablese oder auswendig Gelerntes abspule.

Ablauf

Nachdem ich mein Skript fertig hatte, rief mich meine Interviewpartnerin zu einem vorab vereinbarten Termin an, um die restlichen Dinge zu klären und sich vor allem etwas kennenzulernen. Frau Hafner war sehr freundlich und verständnisvoll, und unser Gespräch steigerte meine Zuversicht, es würde alles gut gehen. Dennoch war mir ein wenig flau im Magen vor Nervosität, als ich mich am verabredeten Tag zur verabredeten Uhrzeit vor meinem Laptop einfand und den Zoom-Link anklickte. Dass ich beim Sprechen nicht großartig von meinen Unterlagen aufschauen würde, weil ich mich so besser konzentrieren kann, hatte ich vorab geklärt. Außerdem half mir meine Taktik, den Bildausschnitt so zu positionieren, dass ich nur die untere Gesichtspartie sah. Blickkontakt – im Podcast lustigerweise als Augenkontakt bezeichnet – irritiert mich hochgradig, auch wenn es sich, wie in diesem Fall, um eine sehr sympathische Person handelt.

Der Anfang lief wie geplant, im Verlauf kam es jedoch zu einigen kleineren Abweichungen in der Reihenfolge der Fragen sowie ein paar zusätzlichen Zwischenfragen, auf die ich nicht eingestellt war. Einen Teil davon konnte ich relativ gut beantworten, weil ich rasch eine Verbindung fand zu ähnlichen Themen, die ich mir notiert hatte, bei anderen geriet ich „ins Schleudern“. Zum Glück war es kein Live-Interview, sondern wurde noch geschnitten, sodass in der gesendeten Fassung von meiner Verunsicherung kaum etwas erkennbar ist. Leider konnte ich nicht alles erzählen, was ich mir vorgenommen hatte, das fand ich etwas schade. Bei einer Podcast-Länge von 47:18 Min. ist es allerdings voll und ganz nachvollziehbar, dass irgendwann Schluss sein musste.

Fazit

Im Nachhinein bin ich froh darüber, mich mit diesem Interview wieder ein Stück aus meiner Komfortzone herausgewagt und meine Grenzen ein wenig nach außen verschoben zu haben. Wie immer ist es ein Balanceakt, das richtige Maß zu finden zwischen Schonung/Regeneration und Herausforderung. Vielleicht dient mein Erfahrungsbericht auch als Ansporn für andere, die sich in einer ähnlichen Situation befinden.

Ausführlicher zu meinen Erfahrungen als Mutter und Autistin berichte ich auf Tom Harrendorfs Website AutismusSpektrum.info in der dreiteiligen Reihe Mutter und Autistin – (m)eine Herausforderung: Teil 1, Teil 2, Teil 3.

Wie gefällt dir das Interview? Bist du selbst spätdiagnostizierte Autistin und Mutter? Schreib mir gern einen Kommentar.

Foto von Matt Botsford auf Unsplash

Das im Podcast vorgestellte Buch: Clara Törnvall, Die Autistinnen, Hanser-Verlag, Januar 2024

Link zu meiner im Podcast genannten Autorenseite

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